LE 1 | Digitales Mindset

Was ist ein digitales Mindset?

Für den Begriff digitales Mindset gibt es keine eindeutige Definition. 

Das folgende Quiz nähert sich dem Begriff über das Modell von Markus Bredendiek und Julian Knorr.

Stufe die folgenden Aussagen als richtig oder falsch ein.

Zusammenfassend lässt sich das digitale Mindset nach Bredendiek und Knorr wie folgt definieren:

„Mit Blick auf die Erfordernisse der digitalen Transformation können sechs erfolgskritische Persönlichkeitsdispositionen herausgearbeitet werden, die insbesondere im berufsbezogenen Kontext ein digitales Mindset beschreiben:

  • Offenheit und Agilität
  • Proaktivität
  • Kreativität und Gestaltungsmotivation
  • Kundenzentriertheit
  • Kritikfähigkeit
  • Offener Umgang mit Scheitern“ 

(Bredendiek & Knorr, 2020).

Bei jedem Menschen können diese Eigenschaften anders ausgeprägt sein. Die Kombination unterschiedlicher Stärken einer Person oder eines Teams definieren den Entwicklungsrahmen der digitalen Transformation.

Die Merkmale des digitalen Mindsets gleichen stellenweise den Kategorien des sogenannten agilen Mindsets. Auch wenn die Bereiche Schnittmengen aufweisen, z.B. eine offene Haltung oder eine positive Fehlerkultur, so sind die Begriffe nicht deckungsgleich zu verwenden. Beide Mindset-Felder beinhalten weitere spezifische Aspekte, die eine Trennschärfe unterstreichen.


Querverweis

Schau mal vorbei!

Wenn du mehr zum Thema agile Werte und Prinzipien wissen willst, schau doch mal im Themenschwerpunkt Agilität vorbei! 

» Zum Themenschwerpunkt Agilität

// Haltung vor Tools und Methoden 

Ein digitales Mindset zu entwickeln, bedeutet vor allem auch, sich bewusst in einer Realität zu bewegen, die in den meisten Lebensbereichen von digitalen Technologien durchdrungen ist. Die Theorie des digitalen Mindsets beschreibt, wie sich Menschen unter diesen Bedingungen durch bestimmte Fertigkeiten und Handlungen Welt aneignen können (vgl. Friedrich & Narr, 2021).

Hier lohnt ein kritischer Blick, denn technologische Entwicklungen sind geprägt von ihrer jeweiligen Umwelt, Zeit und Gesellschaft. Das bedeutet, dass sich auch historisch entwickelte mentale Modelle und Machtstrukturen in diese eingeschrieben haben und reproduziert werden. 

Wenn ein digitales Mindset nachhaltig wirken soll, ist es notwendig, ein Bewusstsein dafür zu entwickeln, dass auch digitale Technologien und wie bereits angemerkt vor allem Algorithmen nicht neutral sind. Denn diese tragen Wertungen einer größtenteils profitorientierten und meist jahrhundertelang unreflektierten kolonialen Geisteshaltung in sich und übersetzen diese Vorurteile lediglich aus dem Analogen in digitale Systeme. Sie fördern gleichzeitig immer auch Ausschlussmechanismen, z.B. welche Aspekte oder Inhalte einer Sammlung digitalisiert werden und welche nicht (vgl. Jaume-Palasi, 2022a und 2022b).

// Wie also damit umgehen?

Zunächst können die Unterscheidung und Ergänzung von zwei Faktoren hilfreich sein:

  • Handlungsbezogene Eigenschaften und Aspekte im beruflichen Kontext als Motor nutzen, um die Transformation der Organisation voranzutreiben
  • Kritisches Bewusstsein für historische Gegebenheiten pflegen und in diesem Kontext die Entwicklung zu einer barrierearmen und auf Teilhabe ausgerichteten institutionellen Kulturarbeit weiter vorantreiben

Im Sinne von Demokratie und kultureller Teilhabe ist es wichtig, das digitale Mindset macht- und diskriminierungskritisch weiterzuentwickeln und dadurch Veränderung zu gestalten. Ein nachhaltiges digitales Mindset fußt auf Multiperspektivität und der damit verbundenen Erkenntnis, dass es keine objektiven, universell gültigen Fakten oder Wahrheiten gibt (vgl. Kirschner, 2022).

Folglich (re)produzieren auch Kulturinstitutionen kein neutrales Wissen. Im Sinne von Donna Haraways Konzept der Situierung lässt sich besser mit dem Verständnis und der Kenntlichmachung von partiellen, kontextgebundenen Perspektiven operieren (vgl. Haraway, 1988). 

Auch wenn Haraway in ihrem Essay „Situated Knowledges: The Science Question in Feminism and the Privilege of Partial Perspective“ vom Wissenschaftsbetrieb ausgeht, lassen sich ihre Thesen der Situierung grundsätzlich auf die Reflexion weiterer (Macht-)Strukturen übertragen. Haraway führt damit ein zur vermeintlichen Objektivität entgegengesetztes Verständnis ein, das sogenannte „Situierte Wissen“ („situated knowledges“) (Haraway, 1988, S. 581). In dieser Denkart stellt jedes Wissen immer nur eine mögliche und kontextbezogene Perspektive dar und kann deshalb niemals universelle Gültigkeit beanspruchen. Diese reflektierte und im besten Falle transparent gemachte Verortung innerhalb bestehender Machtverhältnisse ist im Sinne Haraways der Weg zu wissenschaftlicher Objektivität (vgl. Haraway, 1988). 

Folglich bleibt für jede Institution die Frage zu klären, ob sie ausgehend von einer entsprechend machtkritischen Perspektive bereit ist, ihre alleinige Deutungshoheit abzugeben.

Ein digitales Mindset als Kulturtechnik heißt somit auch, Vernetzung, Austausch, Mehrstimmigkeit, Partizipation und Kollaboration zu leben!

// Digital Literacy – Annäherung an den Begriff

Wenn die eigene Wertehaltung im Tun durch ein nachhaltiges und kritisches digitales Mindset reflektiert ist, geht es natürlich im Digitalen auch um „Methoden, Kompetenzen, Skills oder auch Aktivitäten“ (Friedrich & Narr, 2021).

Auch für den Begriff Digital Literacy gibt es keine feststehende Definition.

Eine amerikanische Studie benennt die „4Cs (Critical Thinking, Communication, Collaboration, and Creativity)“ (Battelle for Kids, 2019) oder entsprechend der deutschen Übersetzung das 4K-Modell mit den Fähigkeiten Kreativität, Kritisches Denken, Kollaboration und Kommunikation als Voraussetzung für das Erlangen von Digitalkompetenz (vgl. Friedrich & Narr, 2021).

Wenn hier im Folgenden von Digital Literacy gesprochen wird, steht vor allem der Praxisbezug in Kulturinstitutionen im Fokus. Orientiert an den „Leitlinien der digitalen Strategie am Landesmuseum Württemberg“ lässt sich eine zeitgemäße Digitalkompetenz und Professionalisierung wie folgt beschreiben:

  • Allgemeine Medienkompetenz (Medienproduktion)
  • Kommunikation und Kollaboration (aktive Nutzung digitaler Netzwerke für die Kulturarbeit)
  • Informationskompetenz (kritische Recherche, Bewertung, Organisation, Vermittlung und Teilen von Inhalten)
  • Kompetenz im Bereich Informations- und Kommunikationstechnologie (versierte Nutzung von digitalen Technologien und Geräten)
  • Gestaltung einer Online-Identität


(vgl. Landesmuseum Württemberg, 2022).

Das erweiterte Museum. Begleitheft zur digitalen Strategie des Landesmuseums Württemberg.
https://www.landesmuseum-stuttgart.de/museum/lmw-digital. Lizenz: cc by-nc-sa/4.0/deed.de

Nicht nur Einzelpersonen verfügen über Digital Literacy; das Konzept kann ebenso auf Teams und Institutionen übertragen werden. Dies erfordert eine fortlaufende Anpassung von Infrastrukturen sowie die (Weiter-)Entwicklung der Kompetenzen aller Mitarbeiter:innen in der Anwendung digitaler Techniken und Medien (vgl. Pellengahr, 2022).

Und nicht zuletzt wirkt sich eine hohe digitale Kompetenz auf das digitale Mindset aus: Je mehr Anwendungswissen besteht, desto nutzer:innenzentrierter, kreativer und kritischer kann man dieses in Projekte und Transformationsprozesse einbringen.

Last but not least: 

Eine weitere zentrale Kategorie für das Verständnis vom digitalen Mindset ist, nicht starr zwischen analog und digital zu unterscheiden. 

Christoph Deeg spricht in diesem Zusammenhang von digital-analogen Lebensrealitäten. Jede Person entscheide individuell und situationsabhängig über das Verhältnis beider Anteile in einem sich verändernden digital-analogen Optionsraum (vgl. Kulturpolitische Gesellschaft, 2022a). 

Mit Kommunikation, kritischem Denken, Kollaboration und Kreativität zu Digital Literacy.
Illustration: Johanna Benz und Tiziana Beck; graphicrecording.cool. Lizenz: cc by-nc-sa/4.0/deed.de