LE 1 | Was ist eine digitale Strategie?

Fertig mit dem Retro? Dann geht’s jetzt mit Inhalten zum Thema Digitalität weiter.

Kulturinstitutionen versuchen zunehmend, sich im digitalen Raum zu orientieren und zu professionalisieren. Einzelne Komponenten wie digitale Ticketing-Systeme und ein Social-Media-Auftritt sind Schritte in Richtung digitale Kulturarbeit, bedeuten jedoch noch kein strategisches Konzept. Es gilt, Besucher:innenverhalten und Leitbilder zu befragen, Anwendungen, z.B. Kommunikationstools, vernetzt und ganzheitlich einzuplanen und Prozesse entsprechend anzupassen.

„Die Digitalisierung […] betrifft […] Kultureinrichtungen als Ganzes“ (Pöllmann & Herrmann, 2019, S.12).

Um der Komplexität des Themenfelds Digitalisierung und deren dynamischen, technologischen Innovationszyklen zu begegnen, ist es für Kultureinrichtungen sinnvoll, eine eigene Strategie zu entwickeln.

Die Beratungsagentur Dark Horse liefert dafür zwei grundlegende Argumente:

„Eine Strategie ist […] ein kontinuierlicher Prozess, der Stabilität und Orientierung bietet […] [und] gleichzeitig in der Ungewissheit Agilität und Lernfähigkeit ermöglicht“ (Dark Horse GmbH, o.D.).

Expert:innen-Input

Christian Gries befürwortet im folgenden Videoclip die Erarbeitung einer Digitalstrategie mit praxisnahen Argumenten.

Christoph Deeg hat bereits im Basismodul dieses Themenschwerpunkts herausgestellt, dass Kulturinstitutionen ein digital-analoges Gesamtsystem etablieren sollten, um ein erfolgreiches und ganzheitlich gedachtes Programm anzubieten. Warum geht es in diesem Modul nun doch um eine digitale Strategie?

Teilweise überschneiden sich die Fragestellungen, Modelle und Vorgehensweisen von digital-analoger und digitaler Strategie. Daher werden die Bezeichnungen teilweise synonym verwendet.

Die digitale Strategie ist bei KuLO Teil eines Kulturmanagementprozesses und betrachtet zunächst einen Ausschnitt. Sie fokussiert die übergeordnete Zielsetzung einer digitalen Fragestellung, z.B. die Entwicklung eines konkreten digitalen Angebots. Im weiteren Prozess der Strategieentwicklung würde sich dann – Christoph Deeg hat dies im Basismodul bereits ebenfalls beschrieben – die sinnvolle und nachhaltige Verbindung zum analogen Angebot und den Ressourcen der Einrichtung anschließen. Die Ausführung eines digitalen/hybriden Beispielprojekts ermöglicht, die gewonnenen Erfahrungen zu nutzen, um dann im Anschluss zu definieren, wie eine digital-analoge Gesamtstrategie für alle einzelnen Bereiche und Elemente aussehen soll.

Die komplexe Verschränkung und Abstimmung der einzelnen Komponenten miteinander erfolgt dabei in Schleifen und benötigt einen ergebnisoffenen, fehlerfreundlichen Rahmen für Experimente sowie Zeit.

Iteratives Vorgehen


Tipp

Den Blick von außen annehmen

Für einen kompletten, systemischen digital-analogen Strategieprozess empfiehlt KuLO, die persönliche Begleitung durch eine:n Strategie-Berater:in zu nutzen.

Grundlagen kennenlernen

Im Rahmen dieser Online-Weiterbildung gibt KuLO Impulse zur strategischen Entwicklung und Umsetzung digitaler/hybrider Formate in der Kulturarbeit, also hauptsächlich zu den ersten Schritten des Vorgangs.

Die Materialien begleiten den Einstieg in den Strategieprozess und vermitteln Grundlagen: den Auftakt in Form einer umfassenden Analyse, Leitfragen, aus denen Leitlinien entwickelt werden können, und Ansatzpunkte für eine anschließende Vorgehensweise.

Eine Definition zur digitalen Strategie hast du im vorangegangenen Basismodul schon kennengelernt. Nochmals zur Erinnerung:

Eine digitale Strategie …

… definiert und kontrolliert alle Strukturen, Ressourcen, Kompetenzen, Maßnahmen und Projekte sowie Kosten und Nutzen und führt sie zusammen.

… ist als ganzheitliche, langfristige und nachhaltige Verfahrensweise zu betrachten.

… ist iterativ, d.h. in Schleifen, angelegt und erfordert Anpassungen, wenn sich Rahmenbedingungen ändern.

… lässt Experimente in der Umsetzung zu.

… benötigt einen Entwicklungszeitraum von mehreren Monaten bis zu zwei Jahren.

(Vgl. Gries 2019a, S. 102f.).

Lorenz Pöllmann und Clara Herrmann formulieren ihre Perspektive auf die digitale Strategie wie folgt:

„Eine digitale Strategie birgt […] das Potenzial einer grundlegenden Inventur des Kulturbetriebs, an deren Ende ein individuelles digitales Konzept mit eigener Positionierung und Mission steht, die zwar auf einer grundsätzlichen Offenheit für digitale Innovation basiert, aber auch den nötigen Anker im Hinblick auf die unendlichen digitalen Möglichkeiten bietet. […] Kulturbetriebe […] müssen ihre etablierten Regeln, Hierarchien und Vermittlungs- und Sinngebungsverfahren […] laufend überprüfen um innovationsfähig zu bleiben. Die Expansion von Kulturbetrieben in den digitalen Raum heißt auch, sich mit den gesellschaftspolitischen Implikationen auseinanderzusetzen und digitales Denken und Wissen über die Schulung der eigenen Mitarbeiter hinaus im Bildungsauftrag zu verankern. Kulturbetriebe können hier zu neuen Zentren der Innovation, des Lernens und des Miteinanders werden, indem sie digitale Experten, Kulturschaffende, Technik und Kunst wie auch Nutzer zusammenbringen und den Umgang mit kulturellen Inhalten und Werten in einer digitalen und demokratischen Gesellschaft vermitteln.“ (Pöllmann & Herrmann 2019, S. 32f.)


Handlungsfelder

An diese Definitionen knüpft der Experte Christian Gries im folgenden Video an und schildert Handlungsfelder, die es bzgl. einer digitalen Strategie zu betrachten gilt.

Die folgende Grafik fasst den Input von Christian Gries zusammen und veranschaulicht neben den einzelnen Themen- und Handlungsfeldern auch die komplexen Wechselwirkungen der einzelnen Bereiche. Gleichzeitig macht sie noch einmal sichtbar, dass die Digitalisierung eine Querschnittsaufgabe des Kulturbetriebs ist und somit auch alle Mitarbeitenden sowie das Publikum betrifft.

Handlungsfelder der Digitalstrategie im Kulturbetrieb

(Vgl. Gries & KuLO – Kunst- und Kultureinrichtungen als Lernende Organisationen, 2023; MFG Baden-Württemberg & Gries, 2021)

Wie kannst du nun dieses Wissen für dein Haus nutzen und anwenden?

Die Potenziale für eine digitale Transformation sind in jeder Institution unterschiedlich ausgeprägt. Kleine, ehrenamtlich geführte Vereine organisieren sich anders als große öffentlich-rechtliche Einrichtungen. Die Zusammenarbeit, Kommunikation und Hierarchien auf der einen und die Bereitschaft der einzelnen Akteur:innen für digitale Themen und Veränderung auf der anderen Seite beeinflussen den Entwicklungsprozess.

Ohne sie geht es nicht:

  • Führungsebene: Große und substanzielle Veränderungen können nur umgesetzt werden, wenn die Leitung dafür offen ist und den Prozess initiiert oder unterstützt.
  • Das Team muss „abgeholt“ und eingebunden werden: Veränderungen können Menschen Angst machen. Nur, wer sich gehört, gesehen und ernst genommen fühlt – auch mit Bedenken – wird mitgestalten oder zumindest nicht aufhalten.
  • Eine transparente und wertschätzende Kommunikation ist daher unabdingbar. Transparenz bedeutet, relevante institutionsbezogene Informationen angemessen umfänglich, klar und rechtzeitig mit dem Team zu teilen sowie ein Klima für Fragen und Feedback zu etablieren.

Tipp

Bleib dran und bereite dich vor.

Lass dich nicht davon entmutigen, wenn du Zweifel hast, dass alle sofort begeistert diesen Weg mitgehen. Die digitale Transformation ist ein Prozess. Wer gute Argumente mitbringt und Methoden kennt, z.B. zur Moderation von Gruppen, ist schon einmal vorteilhaft aufgestellt.

Moderationskompetenzen lassen sich am besten in Präsenzworkshops erlernen, da du dich ausprobieren kannst und direktes Feedback erhältst. Ein Beispiel dafür findest du an der

» Akademie für wissenschaftliche Weiterbildung an der Pädagogischen Hochschule Heidelberg e.V.