LE 3 | Digitale Besuche erfassen

Auch wenn analoge und digitale Besucher:innen nicht strikt voneinander getrennt werden können, ist doch eine Frage wichtig: Was ist eigentlich ein digitaler Besuch? Wie definieren und erfassen wir ihn?

Zugriffszahlen auf der Webseite können zwar Aufschlüsse über Quantität geben, um die Qualität zu erfassen, müsste aber die Zeit des Besuchs gemessen werden und welche Unterseiten und Services aufgerufen werden, z. B. der Download von Spielzeitprogrammen. Doreen Mölders und Barbara Steiner fragen hierzu: Was wäre hier eine Zeitspanne, die als adäquat angesehen würde, um den Besuch als solchen zu werten? Welche Aussagekraft haben Follower:innenzahlen und Likes im Verhältnis zu Interaktionen? Werden Social-Media-Inhalte als Vermittlung oder als Marketingformate definiert? Werden digitale Angebote als eigenständig angesehen oder als Werbemaßnahme für den analogen Besuch missverstanden (vgl. Gries, 2021; Mölders, 2021; Steiner, 2020)?

Und Christian Gries ergänzt Kriterien und Fragestellungen zum Thema Datenverkehrsanalyse, die weitere Aufschlüsse über das Verhalten digitaler Besucher:innen geben: Über welche Endgeräte greifen Nutzer:innen zu? Welche Informationen holen sie sich? Wie viele User:innen kommen neu dazu, welche greifen wiederholt auf Angebote zu? Von welchen Quellen werden Nutzer:innen zur Webseite oder weiteren digitalen Angeboten wie Apps oder Podcasts weitergeleitet? (Vgl. Gries & MFG Baden-Württemberg, 2021)

Der digitale Raum bietet sich dabei geradezu für die Publikumsforschung an, da selbst DGSVO-konforme Anbieter:innen ein Minimum an Nutzer:innendaten über Trackingtools erfassen (vgl. Mölders 2021). Mögliche und oft genutzte Instrumente der Datenerhebung sind z.B. Trackingtools wie Matomo und Google Analytics, auf Social-Media-Kanälen werden jeweils eigene Monitoring Tools angeboten.

Und auch die Institutionen und Träger:innen selbst möchten oder müssen Zahlen erfassen, um Transparenz zu erzeugen und ihre Angebote im Sinne der User:innen weiterzuentwickeln (vgl. Gries, 2021).

Differenzierte Analysen zu den unterschiedlichen Formaten und Plattformen, die von einer Institution bespielt werden, können Daten für eine zielgerichtete Nutzer:innenansprache für unterschiedliche Bedarfe zur Verfügung stellen. Dies betrifft sowohl den rein digitalen Raum, digitale Anwendungen innerhalb der Institution, in der Kommunikation und den sozialen Medien als auch die jeweiligen Nutzer:innenprofile und User Journeys (vgl. ebd.).

„Ein Teil dieser Zahlen wird im Tracking der online-Formate (sic!) bereits geliefert. Nutzen wir diese, um unser Publikum kennenzulernen und unsere Programme weiterzuentwickeln, um die Vielfalt der Gesellschaft tatsächlich erreichen zu können.“ (Mölders, 2021)


Diggin‘ Deeper – Und die Daten? Folge II

Diggin Deeper VI

// Datensammlung – Datenbewertung – Datennutzung

Zur Erfassung digitaler Besuche in deiner Institution ist es hilfreich, folgende Aspekte zu klären:

  • Welche Daten sollen erfasst werden?
  • Zu welchem Ziel und Zweck? Wie wirkt sich die Erfassung des digitalen Publikums auf deine Institution aus, z.B. in Bezug auf die Programmplanung?
  • Welche quantitativen und qualitativen Methoden sind geeignet für deinen Ansatz?

(vgl. Kallweit & Hoffmann, 2023)

Dabei kann es hilfreich sein, sich zu informieren, welche Konzepte es diesbezüglich im Kulturbetrieb bereits gibt, und zwar speziell für die Frage der digitalen/digital-analogen Besucher:innen.

Einen kompakten Überblick über erfolgreiche Ansätze und Erhebungsmethoden aus dem (inter)nationalen Museumskontext gibt dir die Publikation

» „Das digitale Publikum. Fragestellungen, Kriterien und Modelle“ (Bernhardt & Gries, 2022).

Die Veröffentlichung bezieht sich zwar auf Museen, die Erkenntnisse können aber zum Großteil auch auf andere Sparten übertragen werden.


Handlungsaufforderung

Geh auf Erkundung

Lies die oben genannte Publikation – keine Sorge, es sind nur wenige Seiten. Verschaffe dir einen Überblick über mögliche Ansätze und Methoden der zielgerichteten Datenerfassung.

Setze hier für deine Praxis an

Überlege, welche Ansätze für dein Haus und dein Anliegen infrage kommen und welche Ressourcen nötig sind, um eine derartige Erhebung durchzuführen.

Wähle z. B. ein bestehendes digitales Angebot aus und überlege dann sowohl für dieses als auch für dein neues Projektvorhaben, welche Methode jeweils zielführend sein kann.

Notiere dir, was du für die Umsetzung brauchen wirst,

  • um ein Ziel hinsichtlich der digital-analogen (Nicht-)Besucher:innen deiner Institution zu formulieren;

  • in Bezug auf Personal innerhalb deiner Institution und ggf. durch professionelle Begleitung einer auf Publikumsforschung spezialisierten Agentur.

Diggin‘ Deeper V

// Datennachnutzung

Christian Gries gibt im folgenden Video einen kurzen Impuls, weshalb der Nachnutzungshorizont in Bezug auf digitale Kulturdaten oder -projekte gewährleistet werden sollte. Dabei lenkt er den Blick sowohl auf das Verhältnis von Kulturinstitution zu Nutzer:innen als auch auf den kollegialen Wissenstransfer zwischen den Häusern.

Expert:innen-Impuls


Tipp

Forsche weiter

Wenn du mehr zum Thema Synergien und Open-Source-Anwendungen für den Kulturbetrieb erfahren und Beispiele kennenlernen möchtest, stöbere im Arbeitsbuch des Verbundprojekts museum4punkt0 auf den Seiten 136–140.

QR-Codes leiten dich von dort außerdem direkt weiter zu den vorgestellten Nachnutzungsvarianten.

» Hier geht’s zur Publikation

Außerdem kannst du natürlich recherchieren, wo du dich auf Konferenzen oder in aktuellen Arbeitsgruppen zu diesbezüglichen Initiativen und Forschungsergebnissen informieren kannst. Vielleicht inspirieren dich die Beispiele auch zu eigenen Projekt-, Nachnutzungs- oder Kooperationsideen.


Diggin‘ Deeper VI

// Datenschutz

Mit der Bereitstellung von Daten im World Wide Web und in den sozialen Medien ergibt sich eine neue Herausforderung für Kulturinstitutionen: Die Urheber:innen- und Nutzungsrechte von Daten, Abbildungen, Ton- und Videomaterial sowie künstlerischen Werken jeden Formats müssen geklärt und erkennbar sein (vgl. Schmidt, 2019).

Für alle eigenständigen elektronischen Informations- und Kommunikationsdienste, sogenannte Telemedien, gilt eine Impressumspflicht. Dies betrifft folglich auch Blogs und Social-Media-Kanäle. Je nach Vorgaben der Betreiber:innen gibt es hierfür Eingabebereiche oder zumindest die Möglichkeit, auf das Impressum der Institutionswebsite zu verlinken (vgl. Greisinger & Gries 2019, S. 66). Ebenso müssen in der Kommunikation mit Nutzer:innen deren Daten und Persönlichkeitsrechte im Sinne der europaweit gültigen

» Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO)

geschützt werden. Haben die User:innen der Datenverarbeitung zugestimmt und ist ersichtlich, wo und wie sie dieser widersprechen können? Werden z.B. E-Mail-Adressverteiler entsprechend der Löschanfragen zeitnah aktualisiert?

Diese drei Beispiele geben nur einen kleinen Einblick in das umfassende Thema Datenschutz. Es kann in seiner Komplexität hier nicht vollumfänglich aufbereitet werden. Die folgende Literatur gibt stellvertretend einen guten Überblick zu einigen ausgewählten Themengebieten.

Zum Thema Digitalisierung von Sammlungen und diesbezügliche rechtliche Aspekte – Urheber:innenrecht zu verschiedenen Objektgattungen, Lizenzfragen, Persönlichkeitsrechten und Datenschutz:

» Hier geht’s zur Publikation von Klimpel, digiS Forschungs- und Kompetenzzentrum Digitalisierung Berlin & iRights.Law, 2020

Zum Thema Bildrechte:

» Hier geht’s zur Publikation von Fischer & Petri, 2022

Der folgende Text ist leider nicht open source verfügbar, vielleicht aber in einer Bibliothek deiner Wahl.

Zum Thema DSGVO und Datenschutz für Kulturveranstaltungen:

Risch-Kerst, M. (2019). Kulturveranstaltung 4.0 – DSGVO und Datenschutz im Management kultureller Veranstaltungen. In Der digitale Kulturbetrieb (S. 271–289). Pöllmann, L. & Herrmann, C. Springer Gabler.

Für weitere, gezielte Fragen empfiehlt sich eine entsprechende Beratung durch Expert:innen – das können je nach Fragestellung Kolleg:innen mit der nötigen Expertise sein oder Rechtsberatungen, die sich auf den Kulturbereich spezialisiert haben.


Handlungsaufforderung

Leerstellen aufspüren

An den Themen der Literaturtipps hast du bestimmt schnell festgestellt, ob du hier bereits umfassendes Wissen besitzt oder ob du tiefer einsteigen, weiter recherchieren und lesen möchtest.

Überlege im Anschluss, ob es noch Nachbesserungsbedarf in Sachen Datenschutz in deiner Institution gibt. Prüfe, ob du das Thema Datenschutz bei deinem zukünftigen Projektvorhaben berücksichtigt hast. Notiere dir alle kritischen Punkte und mögliche Ideen, wen du diesbezüglich zurate ziehen könntest.


Reflexionsaufgabe

Setze das Gesamtbild deiner Vision weiter zusammen

Wenn du nun noch einmal auf die Inhalte und die Aufgabenergebnisse dieses Moduls zurückblickst:

Ändert sich mit dem neuen Wissen zum Thema Publikum etwas bzgl. deiner Vision und den Gedanken zu deinen Leitlinien?

Mach dir Notizen in deinem (digitalen) Dokumentationstool, um diese Punkte festzuhalten. Die Sammlung kann dir nützlich sein, wenn die Vision an einem späteren Zeitpunkt deiner Lernreise konkreter ausgearbeitet wird.